DGTHG verleiht 2023 den Hans Georg Borst-Preis für besondere Forschungsleistung in der Herzmedizin

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie verlieh im Rahmen der 52. Jahrestagung 2023 in Hamburg den Hans Georg Borst-Preis, dotiert mit 1.000 Euro, an Dr. med. Nora Göbel (41), Oberärztin in der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, für ihre Arbeit „Partial versus complete sternotomy for surgical aortic valve replacement - results of a multicentre study“. Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen mit renommierten medizinischen Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Sekretär Prof. Dr. Andreas Markewitz übergeben werden. In diesem Jahr fanden die Würdigungen und Preisübergaben erstmals nach der Pandemie in Präsenz im CongressCenter Hamburg statt.

Der minimalinvasive Aortenklappenersatz über eine partielle statt komplette Sternotomie ist bisher lediglich an spezialisierten Zentren etabliert. Die Datenlage zu Risiken und Vorteilen ist unklar. Anhand der Daten von insgesamt 2.929 Patient*innen, die zwischen 2016 und 2020 an neun deutschen nicht-universitären Herzzentren einen operativen Ersatz ihrer Aortenklappe erhalten haben, wurden die Ergebnisse in Abhängigkeit des Zugangsweges, minimalinvasiv versus mediane Sternotomie, verglichen. Der kombinierte primäre Endpunkt aus Myokardinfarkt, Schlaganfall und Tod trat in der minimalinvasiv operierten Gruppe sowohl nach 30 Tagen (3.5% versus 5.3%, p=0.02) als auch im 5-Jahres-Follow-up (12.7% versus 16.7%, p=0.01) deutlich seltener auf. Diese Unterschiede waren jedoch nach dem Propensity-Score-Matching nicht mehr signifikant: nach 30 Tagen 3.9% vs. 5.4% (p=0.14), im 5-Jahres-Follow-up 9.9% vs. 11.3% (p=0.36). Bei den sekundären Endpunkten zeigte sich in der minimalinvasiven Gruppe ein häufigeres Auftreten eines akuten Nierenversagens (17.3% vs. 12.4%, p=0.005); der durchschnittliche Aufenthalt auf der Intensivstation war jedoch kürzer (2.0 vs. 2.4 Tage, p=0.03), ein Dressler-Syndrom trat seltener auf (2.2% versus 4.6%, p=0.006) und die Rate an Rehospitalisationen war deutlich geringer (16.2% versus 26.4%, p<0.001); keine Unterschiede gab es bei der Anzahl der Transfusionen, der Krankenhausaufenthaltsdauer und der Rate an Wundheilungsstörungen. Die Konversionsrate betrug 3.8%. Somit ist der operative Aortenklappenersatz über eine partielle Sternotomie in dieser großen deutschen multizentrischen Studienkohorte genauso sicher wie im Standardverfahren, erzielt vergleichbare, potentiell vorteilhafte Ergebnisse und sollte daher weitere Verbreitung finden.

(Laienverständliche Erklärung)

Obwohl minimalinvasive Operationsverfahren bereits lange existieren und an spezialisierten Zentren zur Routine gehören, finden sie nur zögerlich Verbreitung und treffen auf Vorbehalte, auch weil die potentiellen Risiken und Vorteile bisher nicht überzeugend belegt sind. In der vorliegenden Studie werden die Ergebnisse des operativen Ersatzes der Aortenklappe über ein minimalinvasives Verfahren mit der konventionellen offenen Operation über eine komplette Brustbeindurchtrennung verglichen. Hierzu wurden die Daten von knapp 3.000 Patient:innen ausgewertet, welche zwischen 2016 und 2020 an einem der neun teilnehmenden nicht-universitären Herzzentren in Deutschland einen solchen Eingriff erhalten haben. Sowohl nach 30 Tagen als auch im 5-Jahres-Nachbeobachtungszeitraum war das Risiko zu versterben, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden in beiden Gruppen vergleichbar. Eine akute Nierenschädigung trat zwar nach minimalinvasiver Operation etwas häufiger auf; die Liegedauer auf der Intensivstation war jedoch kürzer, eine Herzbeutelentzündung als Reaktion auf die Operation (sog. Dressler-Syndrom) trat deutlich seltener auf und die Notwendigkeit für einen erneuten Krankenhausaufenthalt war signifikant reduziert. In der Rate an Bluttransfusionen und Wundheilungsstörungen gab es keine Unterschiede. Die Konversionsrate war mit 3.8% gering. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass das minimalinvasive Verfahren zum operativen Ersatz der Aortenklappe genauso sicher ist wie die konventionelle Operation, Vorteile bietet und daher mehr Patient:innen angeboten werden sollte.

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Dr. med. Nora Göbel
Oberärztin in der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart
Bildquelle: Nora Göbel

 

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG) mit Sitz in Berlin ist eine gemeinnützige medizinische Fachgesellschaft, deren Ziele u.a. der Förderung der Wissenschaft und Weiterentwicklung von Therapien auf dem Gebiet der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie sind. Zu weiteren Hauptaufgaben zählen die Durchführung von Weiter- und Fortbildungsprogrammen, Erstellung medizinischer Leitlinien, Förderung von Nachwuchskräften und die Ausrichtung medizinischer Fachtagungen. Als Vertretung der über 1.000 in Deutschland tätigen und in der DGTHG organisierten Fachärztinnen und Fachärzte für Thorax-, Herz- und Kardiovaskularchirurgie stehen die Verantwortlichen der Fachgesellschaft für einen Dialog mit der Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft zur Verfügung.

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