Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht 2021 virtuell den Hans Georg Borst-Preis für besondere Forschungsleistung der Herzmedizin

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der virtuellen, 50. Jahrestagung 2021 in Berlin den Hans Georg Borst-Preis, dotiert mit 1.000 Euro, an Karolin Kleemann aus der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Göttingen für ihre Arbeit „Noonan syndrome-associated hypertrophic cardiomyopathy caused by a mutation in RIT1 can be partially rescued by inhibition of RAS/MAPK signalling pathway in vitro“.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Sekretär Prof. Dr. Andreas Markewitz übergeben werden. In diesem Jahr fanden die Würdigung und Preisübergaben als digitaler Livestream statt.

Das Noonan-Syndrom gehört zu den RASopathien, welche eine Gruppe monogenetischer Erkrankungen darstellt, die durch Mutationen in Komponenten des RAS/MAPK Signalwegs verursacht werden. Typische Symptome sind kognitive Einschränkungen, Kleinwuchs, ein erhöhtes Tumorrisiko und schwerwiegende Herzfehler. Das Noonan-Syndrom ist mit einer Inzidenz von 1:3000 bis 1:5000 die häufigste RASopathie und aufgrund eines ausgeprägten kardialen Phänotyps oft lebensbedrohlich. Kausale Behandlungen sind noch nicht verfügbar, da zugrundeliegende Pathomechanismen ungenügend verstanden sind. Daher ist eine Herztransplantation oft die einzige Option, um diesen Patienten das Überleben zu sichern. Noonan-Syndrom-assoziierte hypertrophe Kardiomyopathie, verursacht durch eine RIT1-Mutation, kann teilweise durch Inhibition des RAS/MAPK Signalweg eingedämmt werden. „Das Ziel unserer Forschung ist das Verständnis der Pathophysiologie zu erweitern, um neue Therapieansätze zu identifizieren“, erklärt Karolin Kleemann. „Hierzu werden Kardiomyozyten aus patienten-spezifischen induziert pluripotenten Stammzellen gewonnen, die zur Krankheitsmodellierung in dreidimensionalen myokardialen Geweben genutzt werden. Diese Gewebe werden über einen Zeitraum von mehreren Monaten detaillierten multiparametrischen Untersuchungen unterzogen. Es ist uns vor Kurzem gelungen, eine RIT1-assoziierte hypertrophe Kardiomyopathie zu modellieren, in der sich pathologische Parameter manifestierten. Erste Belege für die Wirksamkeit einer Behandlung mit Trametinib konnten mit diesem Ansatz gefunden werden. Kontraktionskraft und krankhafte Verdickung des Myokards konnten weitestgehend normalisiert werden. Die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf weitere Organsysteme ist Gegenstand weiterer Forschungs-bemühungen.“

(Laienverständliche Erklärung)

Eine spezielle Form der Noonan-Syndrom-assoziierten Herzmuskelerkrankung kann im Labor erfolgreich durch medikamentöse Behandlung eingedämmt werden. Das Noonan-Syndrom gehört mit einer Häufigkeit von 1:3.000 bis 1:5.000 zu den seltenen Erkrankungen. Betroffene leiden unter geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen, wobei Fehlbildungen des Herzens häufig so schwerwiegend sind, dass sie nicht selten zum Tod im Kindesalter oder jungen Erwachsenenleben führen. Zurzeit besteht nur die Möglichkeit einer symptomatischen Behandlung, wobei die Heilungschancen gering sind. Meist stellt eine Herztransplantation die letzte Möglichkeit dar.

„Um unser Verständnis über die Krankheitsentstehung zu erweitern, und um neue Medikamente zu entwickeln, verwenden wir in der Grundlagenforschung Stammzellen, die wir bspw. aus Haut- oder Blutzellen der Betroffenen herstellen“ erklärt Karolin Kleemann. „Die Stammzellen sind dann in der Lage, sich in der Petrischale in alle Zelltypen des Patienten zu entwickeln. Diese Fähigkeit nutzen wir, um anhand junger, so hergestellter Herzmuskelzellen des Patienten, auftretende Fehlbildungen und damit verbundene Fehlfunktionen detailliert zu beobachten. Die krankhafte Ausprägung einer Mutation im RIT1-Gen, die zum Noonan-Syndrom führt, konnten wir kürzlich mithilfe eines Krebsmedikaments so stark eindämmen, dass sich die Pumpfunktion des Herzens erheblich verbesserte. Auch weitere Aspekte, wie bspw. die Kontraktionsdauer, konnten positiv beeinflusst werden. Wir hoffen sehr, dass unsere Herangehensweise auf weitere von Noonan-Syndrom betroffene Organe übertragbar ist, um so den Patienten eine Aussicht auf eine gezielte Behandlungsoption zu bieten.“